Bietrunde
Für diese Veranstaltung gibt es keinen festen Preis. Warum nicht?
Wir wünschen uns, dass wir uns gemeinsam darin üben, wirtschaftlich andere Wege zu beschreiten. Statt
einen festgelegten Preis zu bezahlen, tragt bitte alle soviel bei, wie euch gut möglich ist. Das Geld kommt während des Seminars über eine
BIETRUNDE zusammen. Manchen erscheint das umständlich, herausfordernd und/oder unnötig zeitaufwändig.
Hier sind ein paar Informationen, um den Ablauf zu beschreiben und zu erklären worauf es uns dabei
ankommt.
Anders mit Geld umgehen
Wenn es in Seminaren um Wandel geht, möchten wir nicht nur darüber reden, sondern auch real praktizieren. Zum
einen ist eine Bietrunde gelebte Solidarität: Die Single-Oberstudienrätin hat ganz andere finanzielle Möglichkeiten als der alleinerziehende Bürgergeld-Empänger. Es macht einfach keinen Sinn, dass
beide das Gleiche bezahlen.
Es geht um eine umfassende Haltungsänderung: Wir machen uns bewusst, dass Geld nicht naturgegeben, sondern
menschengemacht ist. Es ist eine Geschichte, die wir uns erzählen, eine Vereinbarung – mehr nicht. Also können wir spielerisch damit umgehen. Was geschieht, wenn wir die gängige Praxis von Geld als
Gegenwert für in Anspruch genommene Leistung (also die Tauschlogik) über Bord werfen? Was ändert sich, wenn wir stattdessen Geld geben, um Dinge möglich zu machen, die wir wichtig finden? Wenn ich
einen Preis bezahle, bin ich Konsument*in. Wenn ich etwas beitrage, übernehme ich Mitverantwortung für das Gelingen.
Viele Vordenker*innen der ökonomischen Transformation stellen fest, dass Geld die Wirkung haben kann, Beziehungen
zwischen Menschen zu kappen. Wir zahlen Geld für etwas und wollen damit quitt sein. Das kann sehr praktisch sein, aber auch einsam machen, denn wir leugnen damit die Tatsache, dass wir Menschen
einander brauchen, ja, dass jedes Leben anderes Leben braucht, um leben zu können.
Wenn wir versuchen, anders mit Geld umzugehen, verlangt uns das eine bewusste Entscheidung und den Abschied von
gewohnten Denkmustern ab. Wir sind alle so gepolt, dass wir gern möglichst billig wegkommen wollen. Das haben wir so gelernt. Kapitalistisches Denken legt uns nahe: „Achte auf deinen eigenen
Vorteil!“ Daher wird Gib was du kannst schnell missverstanden als Ist umsonst. Logisch, wir denken als erstes: „Cool, da kann ich viel bekommen und wenig geben – Schnäppchen!“
Menschen, die Veranstaltungen gegen Spende anbieten, zahlen deshalb häufig drauf, sind frustriert, fühlen sich ausgebeutet. Daher gibt es hier so viel Text.
Eine Veränderung braucht viel Erklärung,weil nichts mehr selbst-verständlich ist. Ohne genaues Hingucken
reproduzieren wir alte Muster im neuen Kleid. Wenn wir etwas anders machen wollen ist es wichtig, unser Gewordensein dabeizuhaben: „Aha, so bin ich geprägt.“
Hinzu kommt: Geld ist immer noch ein Tabuthema. Die ungewohnte Transparenz damit kann allerlei Emotionen
hervorrufen. Wie soll ich denn entscheiden, wie viel ich geben mag? Woher soll ich denn wissen, ob ich im Vergleich zu den anderen hier Anwesenden eher viel oder eher wenig Geld habe? All das wird
Raum haben.
Wie geht das ganz praktisch?
Ablauf einer Bietrunde
Es mag alles umständlich, kompliziert und anstrengend klingen, ist aber in der Umsetzung ganz einfach – eben nur
anders als gewohnt. So geht's:
- Wir als Team der Veranstaltung legen alle Kosten offen und geben an, was wir brauchen, um gut von unserer Arbeit leben zu können – das
kann je nach Lebenssituation sehr unterschiedlich sein. Gerecht heißt nicht immer gleich.
- Wir nennen euch einen Richtwert. Er errechnet sich aus der Summe dieser Kosten und der Anzahl der Teilnehmenden, auf die sie umzulegen
sind. Richtwert bedeutet: Wenn durchschnittlich alle so viel geben, dann kommt es gut hin.
- Nächster Schritt: Ihr habt die Möglichkeit, nachzufragen und mehr Informationen zu
bekommen.
- Um das Emotionale in all dem gut zu versorgen, gibt einen kurzen Austausch dazu in
Kleingruppen.
- Ihr schreibt anonym ein Gebot auf einen kleinen Zettel
- Diese sammeln wir ein und zählen die Beträge zusammen. Wenn die Differenz von Wunsch und Summe sehr groß ist, wiederholen wir die
Bietrunde.
- Wenn sich der Betrag stimmig anfühlt, wird das Geld in bar eingesammelt bzw. ein Hinweis über eine
spätere Überweisung abgegeben.
- Abschließend hören wir ein paar Resonanzen aus der Gruppe zum Prozess. Und wertschätzen, dass wir etwas Neues ausprobiert
haben.
- Fertig. Alle haben eine neue Erfahrung gemacht und können sich darüber austauschen
Das geht übrigens auch umgekehrt: wir als Team werden in einem ähnlichen Prozess das zu uns geflossene Geld unter
uns verteilen - eher nach Bedarf als nach geleisteter Arbeit.